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Warum halten wir uns für unfotogen?

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Meine persönliche Meinung über...

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Michael Hotopp

Unfotogen-01Wer kennt das nicht? Auf vielen Fotos haben wir die Augen geschlossen, schneiden unbeabsichtigt Grimassen, oder sehen aus als ob wir doppelt so schwer wären.
Dies führt bei vielen Leuten zu dem Eindruck, einfach unfotogen zu sein. Aber stimmt das wirklich? Ich versuche eine Erklärung für dieses Phänomen zu liefern.

„An deiner Stelle würde ich mich besser nicht fotografieren, sonst zerspringt die Linse“

Wie oft habe ich diese und ähnliche Aussagen schon gehört? Jeder – egal ob Amateur-, oder Berufsfotograf – wird unzählige Male solche und ähnliche Sätze um die Ohren gehauen bekommen, wenn er versucht Menschen zu fotografieren die nicht beruflich vor der Kamera stehen. Selbst ich reagiere nicht gerade erfreut, wenn jemand ein Objektiv auf mich richtet, obwohl ich es eigentlich besser wissen müsste. Vor meinem geistigen Auge tauchen dann sofort Fotos von mir auf, auf denen ich aussehen werde wie nach einem Verkehrsunfall, oder mit sechs Promille Alkohol im Blut…

Fangen wir direkt mit der wichtigsten Erkenntnis an:
Knipsen und Fotografieren sind zwei grundverschiedene Dinge!

Stellt euch folgendes Szenario vor: Ihr seid auf einer Familienfeier, oder auf einer Party und die Stimmung ist gut. Jemand holt seine Kompaktkamera, oder sein Handy raus und möchte einfach nur den Moment einfangen. Er reißt die Kamera hoch, hält drauf und drückt auf den Auslöser. Um Alles drauf zu bekommen wird zudem vorher noch wild in den Weitwinkel gezoomt und ob gerade jemand redet, oder sich eine Gabel in den Mund schiebt, ist völlig egal – Hauptsache die Kamera macht ein Foto. Um das Drama zu komplettieren, ist es im Partykeller auch noch dunkel, weshalb der Blitz zeigen möchte was er kann und Alles aus sich rausholt. Es mag Menschen geben, die auf solchen Schnappschüssen trotzdem eine gute Figur machen – ich gehöre aber definitiv nicht dazu.

„Richtig“ fotografiert werden wir hingegen selten. Normalerweise macht sich kaum jemand vor dem Foto Gedanken darüber und achtet auf unsere Haltung, oder auf den Gesichtsausdruck – von einem „Cheese“ mal abgesehen. Somit sind also der überwiegende Teil der von uns gemachten Fotos, schlichtweg unmotivierte Schnappschüsse. Wenn wir uns dann im Anschluss mit halb geöffneten Augen und einem dämlichen Grinsen auf dem Display sehen, entsteht zwangsläufig der Eindruck, dass es unmöglich ist, ein gutes Bild von uns zu schießen. Hier verläuft eine klare Grenze zwischen einer bewussten Fotografie und der Hobby-Knipserei.

Ich bin der festen Überzeugung, dass es in fast jedem Fall  am Fotografen liegt, wenn das Bild nicht gelingt.

Tatsächlich habe ich noch nie ein Shooting erlebt, bei dem nicht wenigstens ein paar brauchbare Bilder entstanden sind. Es kommt natürlich auf das Selbstvertrauen des Fotografierten an und es kann durchaus sein, dass die ersten fünf Dutzend Bilder im Papierkorb landen. Aber irgendwann entspannt sich die Situation und wir kommen zu guten Ergebnissen.
Hier ist vorallem der Fotograf in der Pflicht. Die Kamera bedienen zu können ist hierbei das kleinste Problem, denn das sollte in Fleisch und Blut übergegangen sein. Das Allerwichtigste ist, dass sich der Mensch vor der Kamera wohlfühlt, sonst bringt die beste Ausrüstung nichts. Ist die erste Hemmschwelle erst überwunden, gelingt der Rest fast wie von alleine.
Hochzeitspaare sind hier ein Paradebeispiel. Betrachten die Beiden die Fotos zunächst noch als lästige Pflichtveranstaltung, sind bald die Hemmungen über Bord geworfen und es entstehen Bilder die dem freudigen Ereignis auch gerecht werden… Der Fotograf ist einfach der Hauptverantwortliche für das Gelingen der Bilder und hierin liegt die eigentliche Kunst des Fotografierens. Macht euch dies bewusst und ihr werden überrascht sein, wie „fotogen“ ihr sein könnt. Ich zum Beispiel bin jedes Mal völlig baff, wenn ich mal durch einen Kollegen fotografiert werde.

Noch ein bisschen Psychologie

Selbst wenn der Fotograf alles richtig macht und wir uns entspannen, kann es sein dass wir uns selbst auf den Bilder fremd vorkommen. Die Erklärung hierfür ist glücklichereise relativ simpel: Durch den morgendlichen Blick in den Spiegel, haben wir schlichtweg ein Seitenverkehrtes Selbstbild von uns! Die Gesichtshälften bei Menschen sind niemals gleich und deshalb haben wir den Eindruck auf Fotos einfach „falsch“ auszusehen. Ähnliches passiert übrigens auch, wenn wir uns selbst auf dem Anrufbeantworter, oder in Videos hören. Unsere Selbstwahrnehmung stimmt einfach nicht mit dem Gezeigten, oder dem Gehörten überein und das obwohl jeder andere Mensch uns auf genau diese Weise wahrnimmt.
Hat man diese Tatsachen erst verinnerlicht, reagiert man auf Kameras viel entspannter.

 

Mein persönliches Fazit

Ob man nun geknipst, oder fotografiert wird: Das Wichtigste ist wirklich, sich zu entspannen. Wird man fotografiert, obliegt das Gelingen eigentlich nur dem Fotografen.
Aber man kann auch selbst dafür sorgen, dass Schnappschüsse von einem selbst, weniger schrecklich werden. Macht euch bewusst, dass ihr dem Foto schlecht entkommen könnt. Früher, oder später wird es doch geschossen und je mehr ihr euch wehrt, desto verkrampfter seid ihr auch auf dem Foto. Wenn ich merke, dass eine Kamera auf mich zeigt, versuche ich einfach das Ganze bewusster über mich ergehen zu lassen. Dies hat dazu geführt, dass nur noch auf 8 von 10 Schnappschüssen entstellt wirke 😉
Es hat auch seinen Grund, dass ich mich für den Beruf hinter der Kamera entschieden habe, aber wenn man mich fotografieren möchte, macht es mir mittlerweile auch fast nichts mehr aus. Lasst es einfach auf einen Versuch ankommen und ihr werdet euch wundern! Versprochen.