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US-Vogue: Hochzeitsfotograf heutzutage überflüssig

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Allgemein Hochzeiten Meine persönliche Meinung über...

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Michael Hotopp

Die US-amerikanische Vogue hat am 6. Januar einen Artikel mit „10 veralteten Hochzeitsbräuchen“ (The 10 Wedding “Rules” to Break) veröffentlicht. Die Autorin behauptet darin, dass man in Zeiten von Smartphones und sozialen Netzwerken, keinen professionellen Hochzeitsfotografen mehr braucht… Ich möchte als leidenschaftlicher Hochzeitsfotograf erklären, weshalb ich dies anders sehe.

Als Fotograf liest man zwangsläufig auch Magazine und, die ein „gestander Mann“ normalerweise nicht in die Hand nehmen würde. Ich bin zum Beispiel regelmäßig auf der Webseite der US-Vogue unterwegs, um über Trends auf dem laufenden zu bleiben. Nun ist es raus 😉 Die meisten Artikel sind zwar sehr klischee-behaftet, aber trotzdem lesenswert.

Als Hochzeitsfotograf entdeckte ich folgendes in der Vogue:

Hiring a Professional Photographer
It made sense back in the olden days, pre–Facebook albums and Instagram hashtags, when the whole world didn’t have phones with cameras on them. Having the actual leather-bound album on your coffee table seemed like the only evidence that the whole thing actually took place. If social media is not your thing, why not scatter some disposable cameras around the party and let your drunken guests go to town? You’ll end up with hilarious and candid pictures without the pressure of “likes.”

Nun mag man mir vorwerfen können, dass ich die Sache nicht ganz objektiv betrachte. Schließlich bin ich als Fotograf auch auf Hochzeiten unterwegs und ja, ich verdiene unter anderem meinen Lebensunterhalt damit. Das stimmt natürlich alles, aber auch ich stand einmal auf der anderen Seite – nämlich, als ich geheiratet habe. Somit bin ich in der Lage, beide Seiten beurteilen zu können.

Was spricht gegen einen Hochzeitsfotografen?

Ohne Zweifel, gibt es handfeste Gründe, die gegen einen gebuchten Hochzeitsfotografen sprechen. Zu allererst natürlich der finanzielle Aspekt. Eine ganztägige Reportage bezahlt sich in der Regel nicht aus der Portokasse. Für das gesparte Geld kann man seine Flitterwochen meist gut um eine Woche verlängern. Außerdem hängt man sein „fotografisches Glück“ einzig an das Team, oder den einzelnen Fotografen, der die Hochzeit begleitet. Ein professioneller Fotograf wird in der Regel auch nicht überall sein können und verpasst vielleicht die kleinen Geschichten, die neben dem großen Haupt-Ereignis passieren. Es spricht also viel dafür, sich auf die Gäste mit ihren Smartphones zu verlassen. Möchte man die fotografier-bereitschaft weiter steigern, kann man zusätzlich auch Einweg-Kameras auf den Tischen auslegen. [clear]

Und was spricht dafür?

In den letzten Jahren habe ich aber auch genügend Argumente für einen professionellen Fotografen sammeln können. Als gebuchter Hochzeitsfotograf genießt man oft einige Sonderprivilegien. Bei einer kirchlichen Trauung in Deutschland zum Beispiel, wird das Fotografieren durch Gäste und die Handy-Benutzung generell nicht gerne gesehen – meistens sogar untersagt. Selbst wenn die Gäste von ihren Plätzen aus fotografieren dürfen, sind Details wie das Anstecken der Ringe meist nur Beiwerk im finalen Bild. Bei Freien Trauungen erlebe ich es auch immer öfter, dass der Zeremonienmeister dazu aufruft, die Handys auszumachen und nicht selbst zu fotografieren. Der Fotograf ist einfach näher dran, immer dabei und wird eigentlich immer geduldet. Außerdem versteht ein Hochzeitsfotograf sein Handwerk. Er fotografiert ganz bewusst und „knippst“ nicht nur vor sich hin. In der Regel sind seine Bilder so keine reinen Zufallstreffer. Durch seine Erfahrung und den nötigen, emotionalen Abstand, fängt er Ereignisse und die Stimmung deutlich besser ein, als es jeder Gast je könnte. Ich konnte auch beobachten, dass immer weniger durch Gäste fotografiert wird, je weiter die Feier voranschreitet. Die Leute werden müde, trinken Alkohol und sind zu späterer Stunde, oder nach dem Essen einfach sehr träge. Ein engagierter Fotograf versucht zwar auch Teil der Feier zu werden, aber das Fotografieren hat für ihn nach wie vor Priorität – egal wie spät es ist.

Jeder muss selbst abwägen, wie wichtig ihm die Fotos der eigenen Hochzeit sind. Die Gäste werden so, oder so fotografieren – egal wie sich das Brautpaar entscheidet. Aber in der Regel hat man nur mit einem Hochzeitsfotografen die Sicherheit, anspruchsvolle Fotos von der gesamten Feier zu bekommen. Es ist halt ein riesiger Unterschied, ob der „Fotograf“ auch gleichzeitig ein Gast ist, oder ob er sich nur um die Fotos kümmert. Deshalb bin ich auch immer skeptisch, wenn man sich auf den „Verwandten mit einer guten Kamera“ verlässt.

Für mich ist die Mischung die optimale Lösung. Die Gästefotos sind gut geeignet, um die Feier aus einer anderen Sicht zu erzählen und ergänzen die Bilder des Fotografen einfach nur. Sollte ich noch einmal heiraten, würde ich mich nicht allein auf die Fotos der Gäste und den Zufall verlassen, sondern immer wieder einen professionellen Fotografen buchen. „Richtige“ Hochzeitsfotos gehören für mich einfach dazu und wenn ich mit meiner Frau irgendwann auf der Terrasse im Grünen sitze und in Erinnerungen schwelge, möchte ich mich nicht ärgern müssen, am falschen Ende gespart zu haben. 😉 Bilder sind für mich sehr wichtig – vielleicht bin ich auch einfach nur zu romantisch.

Wer übrigens keine Lust auf die 08/15-Gästefotos hat, sollte vielleicht einmal über eine Photobooth nachdenken. So fotografieren sich die Gäste zwar quasi auch selbst, aber auf einem viel höheren Niveau. Außerdem bringt eine Fotobox, zwangsläufig Stimmung in jede Feier.