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Hackintosh: Mein neuer High-End-Rechner für den Videoschnitt

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Meine persönliche Meinung über... Tech

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Michael Hotopp

Ein Hackintosh ist ein regulärer Computer, auf dem das Apple Betriebssystem (macOS) läuft. Durch einen „Trick“ kann nicht nur Apple-, sondern auch „normale“ PC-Hardware zum Einsatz kommen.

Ich arbeite nun seit etlichen Jahren mit Mac-Computern und habe dabei auch immer die Original-Apple-Hardware verwendet. Allerdings kann man die Dinger so gut wie nicht aufrüsten. Da die Software aber ständig leistungshungriger wird und häufig 4K-Videos und 80 Megapixel-Bilder zu meinem Alltag gehören, muss ich regelmäßig komplette Systeme ersetzen.

Die Hardware

Bei der Auswahl der Hardware, muss man sich recht eng an das halten, was auch Apple in seinen Rechner verbaut. Andernfalls wird die Treibersuche schwierig und man hat mit Kompatibilitätsproblemen zu kämpfen. Ich bin weitestgehend dem Buyers Guide auf tonymacx86.com gefolgt. Aufgrund der aktuellen Projekte, bin ich in die Vollen gegangen: Ein aktueller, wassergekühlter i7-Prozessor mit 4GHz (bzw. übertaktete 4,5 GHz), 64 GB RAM, sowie ein paar schnelle SSDs. Ein paar Abweichungen zu Tonys Empfehlungen gibt es doch: Ich habe mich anstatt für eine GeForce-Grafikkarte, für eine Radeon RX 480 Nitro+ entschieden und habe eine deutlich größere Wasserkühlung bestellt. Außerdem soll der Rechner flüsterleise sein, deshalb tausche ich die Original-Lüfter der Wasserkühlung gegen große Noctua-Lüfter aus.

Der Zusammenbau

Der eigentliche Aufbau des Rechners ging trotz meiner langen Pause vom Rechnerbau, völlig problemlos. Inzwischen ähnelt es eher einem Lego-Technik-Baukasten 😉 Lediglich das saubere Verlegen der Kabel hat mich etwas aufgehalten. Außerdem ist die Wasserkühlung wohl etwas zu überdimensioniert für das verwendete Gehäuse. Zumindest ist es mir nicht gelungen, die vorgesehenen Schraubenlöcher zu verwenden. Nach knapp zwei Stunden bootete der Rechner direkt beim ersten Versuch. Zunächst noch ohne die große Grafikkarte und dem Bluetooth-Dongle.

Installation von macOS

Den USB-Stick mit der Installation von macOS Sierra (10.12.2) hatte ich mir mit der Anleitung von TonyMacX86 bereits im Vorfeld mit UniBeast erstellt. Im BIOS musste ich lediglich ein paar Einstellungen ändern, vom USB-Stick booten und die Installation funktionierte völlig problemlos. Nach der Einrichtung des Systems, wurden mittels einer Software (MultiBeast) noch ein paar Dinge nachinstalliert. Das war es – mehr, oder weniger. Den Bluetooth-Dongle habe ich zwischenzeitlich einfach eingesteckt und mich nicht weiter darum kümmern müssen. Er läuft, als wäre er immer da gewesen. Vom Öffnen des ersten Kartons, bis zu diesem Zeitpunkt sind etwa 3 Stunden vergangen.

Backups sind das A & O

Der Mac läuft und er läuft gut. Aus diversen Berichten anderer Hackintosh-Bauer weiß ich, dass man sich das System gerne mal zerschießt. Nach jedem Teilerfolg, habe ich mittels Super Duper! ein Backup auf eine andere SSD geschrieben. Wäre etwas schief gelaufen, kann ich das noch lauffähige System aus dem Backup booten und zurück schreiben. Tatsächlich habe ich diese Sicherheitsmaßnahme bislang nicht nutzen müssen. Da Systemupdates aber mitunter kritisch sein können, behalte ich mir dies als Plan B in der Hinterhand.

Nun wirds schnell: Die Grafikkarte

Die neuen Radeon-Grafikkarten sollen nativ von macOS Sierra unterstützt werden. Allerdings gibt es noch keine 100%ig passenden Treiber für die von mir verbaute 480 Nitro. Deshalb musste ich ein wenig improvisieren und die Hardware-ID (0x67DF1002) in die AMDRadeonX4100.kext aufnehmen. Ich möchte hier nicht allzu sehr ins Detail gehen, aber es hat funktioniert. Es ist zu erwarten, dass in einem der nächsten Updates ein entsprechender Treiber vorhanden sein wird. Zwei 4K-Monitore laufen über den DisplayPort derzeit zuverlässig und auch meine Proof-Monitore konnte ich vollständig kalibrieren und profilieren.

Zeig was du kannst!

Nun wollte ich endlich wissen, ob sich Zeit und Geld gelohnt haben. In Adobe Premiere Pro CC habe ich ein aktuelles Video-Projekt geöffnet: 4K, bei 60 Bildern/s, viele schnelle Schnitte, Grading und hier und da eine Verkrümmungsstabilisierung. Die Wiedergabe der Timeline (keine aktivierten Proxys etc.) ist selbst in voller Auflösung absolut stotterfrei. Das Exportieren des 10 Minuten-Films als 4K-YouTube-Video, war in knapp 8 Minuten erledigt. Genau so habe ich mir das vorgestellt. Die Wasserkühlung hält selbst dabei, den noch nicht übertakteten i7-6700K konstant unter 70°C. Unbelastet dümpelt er sogar bei Raumtemperatur dahin.

Aus einem früheren Projekt habe ich ein 11 Gigabyte-großes, 400 Megapixel-Panorama in Photoshop geöffnet und kann fast verzögerungsfrei mit einem 5.000er-Reparaturpinsel auf dem Bild malen. Meine vorherigen Rechner waren auch alles andere als langsam, aber das sind neue Dimensionen.

Kleine Problemchen und deren Lösung

Innerhalb von knapp 4 Stunden war das System einsatzbereit. Es gibt nur noch ein paar kleine Dinge, die zu optimieren waren.

Zum Beispiel blieb der Rechner nach dem Herunterfahren nicht aus, sondern rebootete lediglich. Mittels dem FixShutdown-Flag in Clover, war es aber schnell behoben.

Um Probleme zu vermeiden, wird während des Boot-Vorgangs lediglich die OnBoard-Grafikkarte benutzt. Hätte ich keinen Monitor, der zwei Signale parallel anzeigen kann, würde ich bis zum Login-Bildschirm von macOS, kein Bild haben. Das ist aber Meckern auf hohem Niveau.

Von weit verbreiteten Problemen der Hackintosh-Gemeinde, bleibe ich zum Glück verschont. iMessage funktioniert und auch nach dem Ruhemodus habe ich keine Sound-Probleme.

Einzig die fehlenden Treiber für die Grafikkarte sind ein wenig ärgerlich. In After Effects kann ich zum Beispiel keine Hardware-Beschleunigung aktivieren. Glücklicherweise läuft es trotzdem flüssig. Hier hoffe ich noch auf die nächsten macOS-Updates.

Nach einem BIOS-Update bootete macOS nicht mehr und selbst das Backup brach mit einem „Kernel Panik“ ab. Ich musste im BIOS den internen Grafikspeicher (DVMT Pre-allocated Memory) auf 128 MB festlegen. Danach funktionierte alles wieder wie gewünscht.

Sehr selten, brach die Leistung des System ein und reagierte sehr träge. Nachdem ich die Systemdefinition von MacPro auf iMac geändert habe, waren diese Probleme behoben. Man muss darauf achten, dass man auch nah an der Systemdefinition eines vergleichbaren Rechners bleibt. Das ist in diesem Fall halt der iMac 17,1.

Vorläufiges Zwischenfazit

Der Hackintosh muss sich natürlich erst noch im Alltag bewähren. Dennoch bin ich total begeistert. Einige Projekte konnte ich damit schon umsetzen und hatte keinerlei Probleme. Mittlerweile habe ich auch auf einer separaten SSD, Windows 10 Professional installiert und auch das läuft ohne Probleme. Letzteres war eine totale Offenbarung. So problemlos habe ich noch nie ein System installiert…

Der Prozessor läuft mittlerweile auch mit 4,5 GHz und trotzdem hält ihn die Wasserkühlung unter 70°C. Dank der Noctua-Lüfter hat man auch nicht das Gefühl in einem Windkanal zu stehen. 😉

Leistung hat der Rechner somit zu genüge. Nur die SSDs sind/waren momentan noch ein Nadelöhr. Selbst die Samsung 850 Pro schafft „nur“ etwa 500 MB/s zu lesen/schreiben. Mein vier Jahre altes MacBook Pro bootet in ungefähr einem Viertel der Zeit. Ich hoffe, dass eine NVMe-SSD hier zukünftig Abhilfe schafft. Aktuell warte ich noch darauf, dass mein Samsung 960 Pro endlich versendet wird…

Einige Anmerkungen

Jeder der auch darüber nachdenkt, einen eigenen Hackintosh zu bauen sollte folgendes beherzigen:

  • Den Rechner zu bauen, erwies sich für mich deutlich einfacher, als gedacht. Allerdings kam mir hier vermutlich mein altes Leben als Informationstechniker zu Gute. Man muss doch verhältnismäßig weit in die Tiefen des Systems vordringen und kann hier auch viel kaputt machen. Ohne ein entsprechendes Fachwissen, könnte es mitunter sehr frustrierend sein.
  • Eine zweite SSD kostet zwar erst einmal zusätzliches Geld, aber ihr werdet dankbar sein, wenn ihr auf ein funktionsfähiges Backup zurückgreifen könnt. Seid lieber übervorsichtig und feiert jeden Teilerfolg mit einem Backup. 😉
  • Ein solides, besser ein fortgeschrittenes (Fach-)Englisch sollte man zudem beherrschen. Wie so oft, findet man auf englisch-sprachigen Seiten bessere Informationen und das auch noch deutlich schneller.
  • Die Installation von macOS auf PC-Hardware ist eine rechtliche Grauzone. Selbst wenn es in Europa (OEM-Urteile) legal sein könnte, gibt es keine Garantie dafür, dass nach einem Update aus Cupertino, diese Möglichkeit immer noch existiert.
  • Wenn der Hackintosh euer einziger Rechner ist, sollte ihr ihn nicht produktiv einsetzen! Stellt euch vor, ihr steht kurz vor einer Deadline und euer Rechner zickt rum. An wen wollt ihr euch dann wenden? An der Genius Bar wird man euch auslachen und PC-Notdienste werden euch erst einmal mit großen Augen anschauen. Ihr müsst das Problem also selbst beheben.

Ein Hackintosh ist kein Schnäppchen!

Für Viele scheint das Budget der Hauptgrund zu sein, einen Hackintosh zu bauen. Das ist aber eine Milchmädchen-Rechnung.

Vergleichen wir zum Spaß einfach mal den aktuellsten und größten 5K-iMac (17,1) mit meinem System. Mit vergleichbarer Leistung kostet der iMac ungefähr das Doppelte von dem, was nun unter meinem Schreibtisch steht. Aber der iMac hat direkt eine schnellere SSD, eingebautes WLAN, WebCam, Lautsprecher, Mikrofon allerhand Kleinkram, sowie einen werkskalibrierten 5K-Monitor. Rüste ich meinen Rechner dementsprechend nach, ist die Preisdifferenz auf gerade einmal 12,5% zusammen geschrumpft.

Der iMac hat unter Volllast eine Leistungsaufnahme von 240 Watt. Mein Rechner mit Monitor zieht dann rund 830 Watt… Rechnen wir dies auf eine normale Arbeitswoche und über 1 Jahr, bleibt von der augenscheinlichen Ersparnis kaum noch etwas übrig. Bis das System zu meiner Zufriedenheit lief, habe ich rund 15 Stunden meiner Freizeit investiert. Hätte ich die Stunden an mich selbst abgerechnet, dann… Ihr versteht worauf ich hinaus möchte?

Außerdem seid ihr alleine für die Funktion des Rechners verantwortlich und tragt das volle Risiko. Es gibt keine Herstellergarantie.

Warum gehe ich das Risiko trotzdem ein?

Ich brauche für meine Projekte einfach enorm viel Rechenleistung. Von dem aktuellen Nadelöhr der SSD mal abgesehen, macht mein Hackintosh selbst die leistungsstärksten MacPros und iMacs nass. Das Problem mit dem Datendurchsatz ist hoffentlich innerhalb der nächsten Wochen behoben, wenn endlich die Samsung 960 Pro kommt.

Diese Möglichkeit ist auch der Hauptgrund für das ganze Wagnis. Es steht mir frei, die Hardware aufzurüsten. Wenn ich mehr Grafikleistung brauche, setze ich eine zweite RX 480 Nitro+ mit CrossFireX ein und habe die Leistung vervielfacht. SSD zu klein? Neue rein. 😀

Was spricht denn gegen Windows?

Gar nichts. Windows 10 Pro hat mich sogar sehr positiv überrascht. Aber es ist wie bei Fotografen: Hat man sich einmal auf einen Hersteller festgelegt, ist ein nachträglicher Systemwechsel sehr aufwendig und kostspielig. Meine Arbeitsweise ist komplett auf dieses System abgestimmt – außerdem ist der Mensch ein Gewohnheitstier. 😉

Außerdem basiert macOS ursprünglich auf UNIX und da fühle ich mich wohl. Ohne es belegen zu können, hatte ich nach dem damaligen Wechsel auf Apple, deutlich weniger Alltagsprobleme mit dem Rechner und konnte daher effektiver arbeiten. Selbst der IBM-Vize-Präsident meint (Link), dass Macs im laufenden Betrieb rund ein Drittel eines Windows-Systems kosten. Ich lasse das einfach mal so stehen.

PS.: Ich würde mich nicht als Apple-Fanboy bezeichnen. Ja, ich habe Apple-Computer, aber zum Beispiel kein iPhone. Neben iPads habe ich auch ein Surface 3.0 und ein Android-Tablet. Ich suche mir die Geräte aufgrund ihrer Funktion und nicht vom Herrsteller ausgehend aus 😉